Historisches
Es war einerseits ein schwieriger Prozeß, die vielfältigen Interessen und Probleme unter ein Dach zu bringen, andererseits war es aber auch ein tolles Erlebnis, nach den Jahren des Niederhaltens des privaten Handwerks wieder selbst über die eigene Organisation mitentscheiden zu können.
Die Innungen der Kreishandwerkerschaft sind aus den 31 Berufsgruppen hervorgegangen, die bis zur Gründung der einzelnen Innungen bestanden. Als eine der ersten gründete sich am 07. April 1990 die Innung des Fleischerhandwerks Jena, die Fleischermeister Wolfgang Hönnger zu ihrem Obermeister wählte. Es folgte am 20. April 1990 die Innung des Steinmetzhandwerks mit Steinmetzmeister Eckart Bock.
Bis zum September 1990 gründeten sich weitere 6 Innungen und wählten zum Obermeister Tapezierermeister Josef Fruntke für die Innung des Raumausstatterhandwerks, Schuhmachermeister Gustav Hapke für die Innung des Schuhmacherhandwerks, Schlossermeister Joachim Franke für die Innung des Metallhandwerks, Schneidwerkzeugmechanikermeister Matthias Frey für die Innung des Messerschmiede- und Schneidwerkzeugmechanikerhandwerks, Tischlermeister Friedrich Feyl für die Innung des Tischlerhandwerks Eisenberg und Elektromeister Bernd Mächler für die Elektroinnung.
Wenige Tage vor dem Tag der Wiedervereinigung Deutschlands, gründeten dann die versammelten Innungen am 20. September 1990 ihre Kreishandwerkerschaft.
Zum ersten Kreishandwerksmeister wurde Mechanikermeister Gerhard Zenker gewählt, der seit mehr als 30 Jahren als selbständiger Handwerksmeister in Jena tätig war und einen weitbekannten Sicherheitsfachbetrieb führte. Mit ihm wurden 8 anerkannte Handwerksmeister in den Vorstand gewählt:
- Als stellvertretende Kreishandwerksmeister Schlossermeister Joachim Franke und Ing. Hans-Joachim Leßmann.
- Weitere Vorstandsmitglieder waren Elektromeister Lothar Bergmann, Steinmetzmeister Eckart Bock, Kfz.-Meister Rolf Fischer, Schlossermeister Manfred Hanf, Tapezierermeister Werner Mehne und Fleischermeister Erhard Petersohn.
Der erste frei gewählte Vorstand stellte sich die Aufgabe, nach Gesetz und Satzung die Kreishandwerkerschaft zu einem gut funktionierenden Glied der Handwerkerorganisation zu entwickeln.
Als erstes wurde die Einbeziehung der Handwerker aus den damaligen Landkreisen Eisenberg und Stadtroda angestrebt. Nach vielen Aussprachen in Eisenberg und in Stadtroda mit Vertretern des Handwerks, besonders mit Mitgliedern der Vorstände der ehemaligen Geschäftsstellen der Handwerkskammer Gera und den Obermeistern der Berufsgruppen, wurde der Anschluß möglich. Damit war der Weg frei zur Bildung der Kreishandwerkerschaft Jena-Eisenberg-Stadtroda am 24. April 1991, deren Bezirk die kreisfreie Stadt Jena und den Saale-Holzland-Kreis umfaßt.
Im ersten Halbjahr 1991 gründeten sich weitere 5 Innungen: Die Innung des Maler- und Lackiererhandwerks, Obermeister Günther Busch; die Innung des Friseurhandwerks, Obermeister Manfred Stropahl; die Innung des Holzhandwerks Jena-Stadtroda, Obermeister Peter Müller; die Innung Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Obermeister Detlev Marmuth und die Innung des Bauhandwerks, Obermeister Eberhard Loeser.
Der Aufbau der Organisationsstruktur der Kreishandwerkerschaft wurde im November 1992 mit der Gründung der Innungen für das Zimmererhandwerk, Obermeister Gerhard Bamberg und das Dachdeckerhandwerk, Obermeister Bernd Riemann, abgeschlossen. Viele Handwerksbetriebe wurden Mitglieder überregionaler Innungen, so z.B. der Gewerke Augenoptiker, Buchbinder- und Buchdrucker, Fliesenleger, Glaser, Glas- und Gebäudereiniger, Kfz-Mechaniker, Orthopädieschuhmacher, Schornsteinfeger, Töpfer und Zahntechniker, Schornsteinfeger, Uhrmacher und Goldschmiede.
In dieser Zeit des Wiedergründens vieler Handwerksbetriebe, der Neugründungen und Erweiterungen hatten sich unter dem Dach der Kreishandwerkerschaft Jena-Eisenberg-Stadtroda 16 Innungen mit 775 Innungsbetrieben angesiedelt.
Zu Recht ist das Handwerk stolz auf seine Erfolge bei der beruflichen Ausbildung junger Menschen. Hier wird besonders deutlich, daß das Handwerk als eine wichtige Säule der Wirtschaft bezeichnet wird. Gegenwärtig werden im Handwerk Ostthüringens Lehrlinge in 76 Berufen ausgebildet. Dieser Ausbildung stellen sich nahezu die Hälfte der ausbildungsberechtigten Handwerksbetriebe. Diese Zahl zeugt nicht nur von der hohen Verantwortung des Handwerks für seinen eigenen qualifizierten Nachwuchs, sondern auch davon, daß das Handwerk bezogen auf die Beschäftigten überproportional zur Ausbildung der Jugendlichen beiträgt.
Die Kreishandwerkerschaft Jena – Eisenberg – Stadtroda hat ihren Sitz im "Haus des Handwerks" in der Grietgasse 22 im Jenaer Zentrum. Dieses Haus hat, wie das Handwerk selbst, eine wechselvolle Geschichte. Etwa im 17. Jh. erbaut, um die Jahrhundertwende durch Neubau ergänzt, wurde es zum Gasthaus "Zur Krone" ausgebaut. Das Gasthaus "Zur Krone" ging 1924 in das Eigentum der Bäckerinnung Jena über und diente dieser zunächst als Versammlungslokal.
Im 2. Weltkrieg teilausgebombt, wurde das Haus 1945/46 durch Jenaer Handwerker wieder instand gesetzt und umgebaut. Von 1945 an war in dem Haus die Geschäftsstelle der Innung und Bäckergenossenschaft untergebracht. Nach Schließung der Gaststätte 1953 wurden die Gasträume bis zur Auflösung der Bäckergenossenschaft 1991 als Büro und Lagerräume genutzt.
Durch das Gesetz des Thüringer Landtages vom 2. Mai 1946 und dem Befehl Nr. 169 der Sowjetischen Besatzungsmacht in Thüringen wurden die damals bestehenden Kreishandwerkerschaften und die ihr angeschlossenen Innungen aufgelöst und damit auch die Bäckerinnung Jena.
Ihr Vermögen ging auf die Handwerkskammer Thüringen mit Sitz in Weimar über. Später, mit der Verwaltungsreform 1952 und der Aufteilung des Landes Thüringen in die Bezirke Erfurt, Gera und Suhl, wurde die Handwerkskammer Gera Eigentümer des Hauses. Mitte der 50iger Jahre wurde in den oberen Etagen die Kreisgeschäftsstelle der Handwerkskammer Gera eingerichtet und später auch die Geschäftsstelle der Einkaufs- und Liefergenossenschaft des Bauhandwerks Jena.
Zeitgleich mit dem Neuaufbau der Handwerkerorganisation gingen die Bestrebungen einher, der Kreishandwerkerschaft die Eigentumsrechte an diesem Grundstück wieder dem Jenaer Handwerk zu übertragen.
Das Haus wurde durch Innungsbetriebe 1993/94 umgebaut und modernisiert und am 24. 03. 1994 feierlich eingeweiht. Es ist seitdem das (Rat-) "Haus des Handwerks".